Recherchereise nach Borneo, Tag 1

09.04.14 Tag 1:
Thailand/Phuket – Malaysia/Kuala Lumpur – Borneo/East Kalimantan-Balikpapan

140409 Über den WolkenPünktlich kurz nach Mitternacht landet der Flieger der Air Asia am Flughafen von Kuala Lumpur, nur eine Stunde und zwanzig Minuten Flugzeit von Phuket entfernt. Nach der Kälte im Flieger legt sich die schwül-warme Luft wie ein feuchtes Saunatuch um uns. Wir erfahren zum ersten Mal, was es heißt, Low Cost Carrier zu fliegen. Der Fußmarsch zur Ankunftshalle quer über das Rollfeld im Dunklen scheint kein Ende zu nehmen. Nach Immigration und Zoll freuen wir uns auf unser Zimmer im Flughafenhotel, das wir stundenweise gebucht haben – 8 Stunden Aufenthalt sind lange. Doch wieder schlägt sich der günstige Flugpreis zu Buche: Das Terminal für die „normalen“ Flieger ist für uns nicht zugänglich, wir können das Hotel nicht betreten. Wenigstens erlassen sie uns die Stornogebühren. Jeder freie Platz auf dem Fußboden der Wartehalle ist mit Liegenden belegt. Von einer Gruppe Inder, die aus Gepäcktrolleys eine Wagenburg gebaut haben, wabert der Duft nach Kardamom und scharfen Curry durch die Luft, als sie ihre mitgebrachten Styroporboxen öffnen. Zwei Philippinen aus unserem Flieger haben sich schon in Decken neben Pflanzenkübeln eingerollt. So langsam beginnen sich auch die freien Plätze mitten im Raum zu füllen. Wir sind müde und haben einen ereignisreichen Tag vor uns. Neben dem Massagesalon ist eine Art offene Abstellkammer, leere Müllkübel türmen sich in der Ecke. 140409 FlughafenDer Boden ist schmutzverkrustet, zwei Zentimeter hohe Schrauben stehen hervor. Wir legen unsere Regenmäntel aus, der Rucksack dient als Kopfkissen. So langsam kriecht die Kälte des Marmorbodens von unten schmerzhaft in unsere Glieder. Wir stapeln sämtliche T-Shirts, Hosen und Handtücher unter uns zu einem kuscheligen Schlafplatz. Der Pareo dient als Zudecke. Tatsächlich finden wir Schlaf.

Früh am Morgen geht es zum Einchecken. Ich will nichts von Borneo aus der Luft verpassen, schlafe doch im Flieger wieder ein. Der neue Flughafen von Balikpapan im Osten von Kalimantan, dem indonesischen Teil Borneos, ist gerade mal zwei Wochen alt. 140409 Flughafen BalikpapanSehr schick – eine riesige verglaste Halle und weiße Marmorböden, in denen sich die Stahlkonstruktion der Decke spiegeln. Hier hätte man sauber schlafen können.
Rahim von De’gigant holt uns am Flughafen ab, er wird uns die nächsten Tage begleiten. Zuerst sind wir skeptisch, da wir bislang alle Touren selbst organisiert haben und alleine unterwegs waren, doch niemals hätten wir in der kurzen Zeit so viel sehen und erleben können. Wir verstehen uns auf Anhieb. Rahim, der sehr gut Englisch spricht, interessiert sich für Politik, die Welt, die Umwelt, die Wirtschaft – die Gesprächsthemen gehen uns nicht aus.
Die Sechshunderttausend-Einwohner-Stadt Balikpapan ist eine der saubersten Städte Indonesiens – Müll auf die Straße werfen, selbst Zigarettenkippen, wird mit hohen Strafen geahndet. Rahim führt uns zum Markt. Farbenfroh türmen sich rote Drachenfrüchte, gelbe Ananas und grüne Wassermelonen auf. Ihr fruchtiger Duft konkurriert mit dem der, auf dem offenen Grill brutzelnden, Hühnerbeine und Fische aus den Straßenbuden. Wir kehren ein. Rahim hat Mitleid mit uns, als er sieht, wie ungeschickt wir versuchen, mit der Hand aus dem Reis, über den wir eine äußerst schmackhafte Wasserspinatsuppe gegossen haben, so schöne Kugeln wie er zu formen, und organisiert uns Löffel. Und immer wieder versuchen wir, nicht zu vergessen, Hühnchen und Fisch nur mit der rechten Hand zu essen (die Linke ist hier für andere Dinge reserviert).
Die Essensbude liegt direkt am Ufer. Ab und zu zieht der algige Geruch der Brandung vorbei. Vor der Küste lodern Flammen auf den Bohrtürmen – Balikpapan hat seinen Boom durch Öl- und Gasvorkommen erhalten.
Nach einer kurzen Rundfahrt durch den Ort, in dem Nobelgebäude aus weißem Marmor neben hölzernen Stelzenhäusern mit leuchtend blauen Wellblechdächern stehen, geht es wieder zum Flughafen. 140409_Aus_der_Luft_BrachlandGaruda Airlines bringt uns zu unserem nächsten Ziel nach Berau im Herzen von Ost-Kalimantan. Unter uns erstreckt sich Grün. Palmöl-Plantagen, vereinzelte Stellen von Regenwald, immer wieder unterbrochen von riesigen erdigen Flächen. Kohle-Minen, erklärt uns Rahim. Obwohl es als Entwicklungsland zählt, ist Indonesien eines der an Bodenschätzen reichsten Länder der Welt. Borneo besitzt neben Öl-, Gas- und Kohlevorkommen viele Gold- und Diamantminen, denen der Regenwald weichen muss.
Auch die abenteuerliche Fahrt mit dem Geländewagen über die “schlechteste Hauptstraße der Welt” lässt uns zwiespältig zurück. Das üppige Grün des Regenwalds wird immer wieder von riesigen abgeholzten Flächen abgelöst. Wie umgeknickte Mikadostäbchen liegen riesige Baumstämme auf den Hängen, teilweise wurden die Flächen schon gerodet und Plantagen, hauptsächlich Palmöl, teilweise auch das weniger schädliche Kautschuk, angebaut. So langsam wird die Welt um uns herum in rosa getaucht, die Sonne verschwindet hinter den Bergen. Für unseren Fahrer eine Herausforderung, sich über die von tiefen Gräben und Schlaglöchern durchsetzte Straße zu kämpfen. Wir kommen nur langsam voran. 140409 VespernUnser Abendessen an einer Straßenbude teilen wir uns mit Scharen von Moskitos. Die Nährstoffe, die wir zu uns nehmen, saugen sie sofort wieder aus uns heraus. Sechs Stunden später, irgendwann mitten in der Nacht, kommen wir im kleinen Örtchen Murau Wahau, im Gebiet der Wehea-Dayaks, an. Das Gästehaus ist schlicht, todmüde sinken wir in die Betten. Ein langer, ereignisreicher Tag geht zu Ende.