Andaman Islands, Tag 2 Havelock South

Havelock South N 11° 52,95‘ E 093° 01,62

 

Pünktlich um kurz vor acht Uhr melden wir uns bei der Port Control in Port Blair ab. Nach einigem Datenabgleich sind wir ausklariert – mit dem Hinweis, dass wir uns unbedingt zweimal am Tag zu melden hätten. Wir versichern, dass wir das machen werden. Wieder scheint das Verständnis über das Fortbewegungsverhalten eines Segelbootes nicht wirklich vorhanden, als ich gefragt werde, welchen Speed und wann unsere Ankunftszeit ist, und darauf erwidere, dass es vom Wind abhängt. Schließlich sage ich einfach Speed 6 Knoten, Ankunftszeit zwischen 15 und 16 Uhr, damit sind sie zufrieden.

 

Der Himmel zeigt sich heute sehr bedeckt, doch der Wind ist stärker als erwartet – allerdings leider aus der falschen Richtung. Wir müssen aufkreuzen. Anfangs noch etwas ruppig, bekommen wir in der Abdeckung von Havelock Segeln vom Feinsten. Ein echtes Highlight haben wir auch noch: Delfine!

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Die ersten seit gefühlten Ewigkeiten! Die drei springen vor unserem Bug und begleiten uns ein Stück. Viel zu schnell verschwinden sie wieder. Ich bleibe vorn sitzen und genieße das Dahinrauschen. Ab und zu spritzt warmes Wasser gegen meine Füße. Plötzlich klopft mein Herz schneller. Da sind sie wieder! Die Delfine sind nicht weg, sie haben nur ihre ganze Sippe dazu geholt. Eine große Gruppe schießt nun zwischen unseren Rümpfen dahin, manche springen und machen Kapriolen.

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Pünktlich um 15.45 Uhr fällt unser Anker in Havelock South. Kreidefelsen, die mit Urwald bewachsen sind, erwarten uns an Land. Wir sind schon richtig gespannt aufs Schnorcheln. Da wir zwischen 16 und 17 Uhr unsere Position durchgeben müssen, warten wir noch, doch nachdem um 16 Uhr ewig belegt ist, hält uns nichts mehr. Da die Strömung hier kräftig pfeift, fahren wir mit dem Dinghy gegenan und lassen uns zurück treiben. Von „stunning coral gardens“ ist erst mal nichts in Sicht. Kaputte Korallen, recht wenig Fisch. Auch die 30 Meter Sichtweite sind deutlich unterschritten. So konzentrieren wir uns auf die paar Rifffische die da sind – große Papageifische, einige Doktorfische, auch der ein oder andere Kaiser lässt sich blicken. Die Erwartungen waren an dieses gelobte Gebiet hoch, aber das kann sich schnorcheltechnisch noch deutlich steigern. Wie genießen es trotzdem, endlich mal nicht mehr vernesselt zu werden (das größte Manko in Thailand) und die Erfrischung, die das Wasser bietet. Kurz vor 17 Uhr sind wie wieder zurück zum rechtzeitigen Rapport. Die Bestrafung, die uns sonst droht, wollen wir lieber noch nicht am ersten Tag austesten.

Wenn einer eine Reise tut … – Visa-Info

Wenn man mit dem Schiff unterwegs ist, sind die in vielen Ländern üblichen “Visa on arrival” meist nicht möglich. Wieder füllen sich unsere Reisepässe mit neuen Visaaufklebern – dieses Mal Thailand und Indien. Hier einige Infos dazu:
Wie immer läuft die Beantragung des Thailändischen Visums unkompliziert ab: Ein Besuch auf dem Honorarkonsulat in Stuttgart (persönliches Erscheinen ist Pflicht),  Formular ausfüllen, zwei Passbilder, Kopie der Einreiseunterlagen – und selbst wenn man (wie wir und zwei unserer Vorgänger) die Flugunterlagen nicht dabei hat, kann man diese mit dem Rechner der benachbarten Bibliothek fix ausdrucken. Keine halbe Stunde später sind wir stolze Besitzer von 2 x 60 Tagen Reisevisum für Thailand (je 60 Euro).
Danach wird unsere Reise weitergehen nach Indien. Auch die Beantragung dieser Visa (180 Tage, double entry/gut 70 Euro p.P.) ist im Grunde nicht wirklich kompliziert – wenn man denn darauf achtet, wie man im Online-Formular, das zwingend vorher ausgefüllt werden muss, das Datumsformat (Geburtsdatum und geplante Einreise) eingibt, denn eine Fehlermeldung gibt es nicht, sondern man kommt einfach wieder zurück auf die Startseite. Da helfen natürlich auch die verschiedenen Browser nichts … 😉
Also wichtig: Datum wie in der Vorlage mit / eingeben (dd/mm/yyyy)!
Die Beantragung erfolgt nicht im Konsulat, sondern auf der eigens eingerichteten Stelle IVS Germany Schellingstr. 35. Der persönliche Besuch in München (die zugehörige Stelle für Baden-Württemberg und Bayern) ist nicht zwingend erforderlich, die Beantragung ist postalisch möglich – uns erschien es sicherer, die Pässe nicht aus der Hand zu geben. Morgens Abgabe, mittags Abholung, wie uns am Telefon mitgeteilt wurde, bezieht sich allerdings nicht auf den selben Tag, das wissen wir jetzt auch. Dauer ca. 7-10 Tage. Die beiden benötigten Passbilder im etwas ungewöhnlichen Format 5 x 5 cm kann man direkt vor Ort machen. Um uns einen erneuten Weg nach München zu ersparen, haben wir die Option “Zusendung” gewählt (die Reisepässe werden uns also hoffentlich in den nächsten Tagen per Einschreiben zugehen). Wir lassen uns überraschen … 😀
Es ist schon unglaublich, wie abhängig man mit der Zeit von diesem weinroten Papier-Ding ist und wie unwohl man sich fühlt, wenn man es aus den Händen gibt … 😀

Wir freuen uns schon sehr auf die vor uns liegenden Abenteuer, wie die weit abgelegenen Andaman Islands, in denen der Tourismus noch nicht wirklich eingezogen ist  … 🙂

Taka Bonerate 025

Recherchereise nach Borneo, Tag 5

13.04.14 Tag 5:
Kutai National Park

(Bilder folgen)

Am Flussufer erwartet uns am nächsten Morgen Udin, ein Ranger des Kutai National Parks. Mit einem motorisierten Kanu gleiten wir durch den Fluss, halten Ausschau nach Krokodilen, die es hier gibt, doch wir sehen leider keine. Prefab, die Station, die einst von den Kohleminen-Betreibern gebaut wurde, liegt in einem Stück dichten Urwalds, in dem rund 25-30 wilde Orang-Utans leben. Wir machen uns mit Udin auf den Weg. Er läuft langsam und vorsichtig, hebt immer wieder lauschend den Kopf, wenn etwas im Gebüsch raschelt. Die Aufregung steigt. Immer wieder weist er uns auf Besonderheiten hin, mal ein paar obskure Käfer, die sich zu Kugeln zusammenrollen und auch mal beim Liebe machen sind, dann ein flinker Tausendfüßler. Doch endlich hebt sich sein Kopf und er winkt uns näher. Es blitzt kastanienrot aus dem Geäst. Eine Orang-Utan-Mutter klettert mit ihrem Jungen, der sich an ihrer Seite festklammert, durch die Baumkrone. Mit dem Fernglas beobachten wir sie, Auge in Auge. Als ich mit Hajot spreche, lugt der Kleine neugierig herunter. Die Träne aus meinem Augenwinkel läuft wohl nicht nur herunter, weil ich gegen die durch die Blätter blitzende Sonne schauen muss. Ein wahnsinniges Gefühl, diese tollen Tiere in freier Wildbahn zu sehen – unbeschreiblich!
Sie fressen die jungen Blätter des Ironwood-Baumes, eine ihre Leibspeisen. Dann ziehen sie weiter zur nächsten Futterstelle. Orang-Utans haben quasi ein eingebautes Navigationssystem, mit dem sie in ihrem Revier jederzeit wissen, wo welche Nahrung wann zu finden ist. Die Mutter bricht einen Ast ab, sucht nach Ameisen. Krachend fällt er durchs Geäst nach unten. Sie ziehen weiter ihren Weg auf der Suche nach Nahrung, bis wir ihnen nicht mehr folgen können. Doch kurz darauf entdeckt Udin die nächste Mutter. Auch dieser Kleine ist knapp 5 Jahre alt und sehr agil. Er legt für uns ein Turnprogramm ein, schaukelt an den Ästen und schaut immer zu uns herunter, als wollte er für uns vorführen. Nachsichtig fasst seine Mutter nach ihm, als wollte sie uns sagen „immer diese Jungspunde“, und gibt ihm ein paar hellgrüne Blätter zu fressen. Und die Blätter ganz am Ende des Zweigs scheinen ihm am verlockendsten zu sein, doch hier gibt der Ast nach. Man kann dem Kleinen förmlich ansehen, wie er grübelt. Dann baut er sich eine Schlinge, zieht den Ast her und futtert gemütlich. Er linst herunter, als wollte er sich versichern, ob wir es auch gesehen haben, wie klug er ist. Gut, dass die Ohren mein glückliches Grinsen eindämmen. Dann streckt die Mutter den Arm aus, der Kleine klettert in ihre Armbeuge, gibt ihr einen Kuss, dann geht es weiter. Geschickt hangelt sie sich von Ast zu Ast, manchmal schwingt sie einen kompletten Baum, um an den nächsten zu gelangen.
Der Regenwald hier ist noch intakt, dieses kleine Stück wurde von den außen herum tobenden Bränden und Abholzungen verschont. Es wachsen riesige Bangrassi Bäumen mit ausladenden meterhohen Wurzeln. Die Orang-Utan-Mutter hält am nächsten Ironwood-Baum an und isst, schaut uns dabei zu, wie wir die beiden anhimmeln. Schweren Herzens ziehen wir weiter.
Von der Lodge empfangen uns schon köstliche Düfte. Rahim zaubert gegrillten Fisch, Tintenfisch im eigenen Saft, Gemüse, Sambal, Minze und Reis. Wir bieten ihm einen Job als Koch auf der Taimada an – es ist wieder köstlich. Der vor der Lodge lebende Waren macht sich über unsere Reste her.
Am Mittag stößt Iris, eine junge, deutsche Backpackerin, zu uns. Andere Gäste sind wir schon gar nicht mehr gewohnt. Gemeinsam gehen wir nochmals in den Urwald.
Die Orang-Utan-Mutter und ihr Junges sind gerade vom Mittagschlaf erwacht und verlassen ihr provisorisches Schlafnest. Für den Abend wird sie ein aufwändigeres Nest bauen, erklärt uns Udin. Nur wenige Meter über unseren Köpfen klettern die beiden umher und futtern. Der Blick in diese wissenden braunen Augen verursacht mir eine Gänsehaut.
Wir machen eine richtige lange Tour, teilweise schlägt Udin uns eine Schneise mit der Machete, erkämpfen uns einen Weg. Ein Blutegel macht sich auf meinem Schuh auf in Richtung Fußgelenk. Doch Udin packt ungerührt eine Dose mit Salz heraus, streut eine Prise darauf. Der Egel windet sich. Das ist – neben Tabak – die Methode der Wahl, um sich dieser kleinen Ekel zu entledigen. Der Weg führt bergauf und –ab, durch dichtes Laub. Es ist angenehm kühl im Wald. Doch plötzlich stehen wir vor einem Abgrund. Ein schmaler vermooster Balken führt darüber. Udin spaziert darüber, als wäre es eine breite Straße. Mein Balanceakt ist weitaus weniger elegant, das Herz rast mit dreifacher Geschwindigkeit. Doch das stolze Gefühl, dass ich es geschafft habe, hält nur kurz an. Der nächste Abgrund ist viel breiter. Und ein rutschiger dicker Baumstamm führt darüber. Endlose Meter weit. Wären die Ufer des Abgrunds nicht so steil und schlammig, würde ich unten durch robben. Schlangen, Spinnen … alles kein Problem, aber Balancieren war noch nie meines. Doch es gibt kein Zurück. An Udins Hand wage ich mich mit zittrigen Knien – versuche, seine Hand nicht zu quetschen und cool zu bleiben. Da bleibt einem auch nichts erspart. Ich bin froh, als ich auf der anderen Seite bin.
Einen Schluck Wasser haben wir uns danach verdient – direkt frisch aus der Liane. Es schmeckt köstlich.
An der Lodge empfangen uns schreiend ein paar Makaken, jagen sich gegenseitig über die Bäume. Wir freuen uns, auch wenn sie hier nicht so gerngesehen sind, weil sie öfter Lebensmittel aus der Küche stehlen.
Nachdem Rahim uns wieder mit einem leckeren Abendessen verwöhnt hat: Gemüsesuppe, gefolgt von Huhn, Wasserspinat und Reis mit selbstgemachtem Sambal, machen wir uns – dick mit Mückenspray eingenebelt, denn die Moskitos hier sind zahlreich – ein drittes Mal auf in den Urwald zur Nachtwanderung. Gespenstisch huscht unser Lampenstrahl durch die Bäume. Der feuchte Modergeruch legt sich auf unsere Atemwege. Iris hat Angst, sie ist noch nicht so regenwalderprobt, aber es ist auch eine unheimliche Atmosphäre. Die Orang-Utans schlafen jetzt, doch Schlangen, Taranteln, Leoparden und Bären werden nachtaktiv. Auch Hundertfüßler, von dem wir einige sehr aktiv sehen, sind extrem giftig. Ein kleiner Skorpion kriecht einen Baum hinauf. Es ist spannend.
Wir machen uns auf die Suche nach Taranteln, schlagen uns quer durchs Unterholz. Unser Führer ist ein junger Dayak, er wirkt nervös. Nach einer ganzen Weile weist er uns – fernab des Wegs – an, unsere Lampen auszuschalten. Düsternis umhüllt uns, es raschelt im Gebüsch. Das Grillenzirpen wirkt plötzlich lauter. Wir stehen starr.
Er schaltet seine Lampe wieder ein – strahlt direkt eine Tarantel, einiges größer als mein Handteller, an. Fast samtig sieht ihr Körper mit den kurzen Haaren aus – man möchte direkt darüber streichen. Regungslos sitzt sie da, nur die Augen leuchten rot hervor. Wie schießen wie wild Fotos, können uns gar nicht mehr losreißen.
Der Rückweg wird obskur. Plötzlich wird unser Führer hektisch, rast voran. Schlägt sich mit der Machete durchs Unterholz. Ob wir uns wohl verlaufen haben? Wir können nicht fragen, er spricht kein Englisch. Und wir wollen ihn auch nicht noch zusätzlich unter Stress setzen. Vielleicht wollen wir es auch lieber gar nicht wissen. Plötzlich schreit Iris auf. Meine Nackenhaare stellen sich auf. Doch es war nur eine Riesenheuschrecke, die sie angesprungen hat. Allerdings ist sie wirklich riesig, über 15 cm lang. Ich fühle mich zwar wohl im Urwald, auch bei Nacht, doch so langsam werde ich auch nervös – hier zu nächtigen reizt mich nicht wirklich. Für den geplanten Kurztrip hatten wir nicht mal Wasser eingepackt.
Kreuz und quer schlagen wir uns durchs dichte Geäst, die Haare verhängen sich an den Zweigen. Die feuchte Luft wird drückend, das Sirren der Moskitos zerrt an den Nerven. Aus der geplanten halben Stunde sind längst eineinhalb geworden. Durch die Baumwipfel blitzt der Mond, gibt jedoch kaum Orientierung, so senkrecht, wie er über uns steht. Weit entfernt hört man ein Boot auf dem Fluss tuckern, ich versuche, mir die Richtung zu merken. Der Fluss führt zur Lodge. An die Krokodile am Ufer, die nachtaktiv sind, kann man später denken. Doch endlich – gefühlte Stunden später – tut sich wieder ein Weg auf. Unser Führer wird wieder langsamer. Nun können wir auch wieder entspannt einen Baumfrosch bewundern und tellergroße Falter. Und die Zikaden, die tags ganz weiß schienen, tragen nachts einen blau-bunt gemusterten Schlafanzug.
Wohlbehalten kommen wir einige Zeit später als geplant zurück. Gute zwei Stunden waren wir unterwegs. Das eisgekühlte Bier hat selten so gut geschmeckt. Hajot hat einen Blutegel am Fuß, der sich so richtig vollgesaugt hat. Rahims Salzbehandlung bekommt ihm nicht gut, doch das Nachbluten nach dem Abfallen hält ewig an.
Lange noch plaudern wir mit Rahim – über den Regenwald, Schutzprojekte, die indonesische Politik, die Weltpolitik, die Umwelt, während Udins Frau eine indonesische Variante von „Voice of Germany“ oder „DSDS“ anschaut und manchmal mitsingt. Alles hätten wir hier im mitten Urwald erwartet, nur keinen Fernseher …
Nach Mitternacht liegen wir geborgen auf der weichen Matratze unter unserem Mückennetz und sind dann doch nicht undankbar, die Nacht nicht im Urwald verbringen zu müssen.

Recherchereise nach Borneo, Tag 4 Teil 1

12.04.13 Tag 4:
Huntan Lindung Wehea – Nehas Lian Bing

(Bilder folgen)

Am frühen Morgen fängt es an zu gewittern. In Bächen strömt der Regen an unserer Veranda vorbei. Wir bleiben trocken, doch der Gedanke an den Weg, der sicherlich unpassierbar wird, schießt mir durch den Sinn. Und er soll sich bewahrheiten. Die Sonne blitzt zwar schon längst wieder durch die Wolken, doch die Straße ist nass und schlammig. Bereits die Auffahrt direkt an der Lodge wird schon unpassierbar, tief graben sich die Räder des Geländewagens in den Schlamm. Unser Fahrer hat schwer zu kämpfen. Wahyu und Rahim steigen aus, werfen Farnwedel vor die Räder, versuchen zu schieben. Unser Hilfsangebot wird vehement abgelehnt. Als ich sehe, wie Rahim barfuß knöcheltief im Matsch steckt und auch Wahyus Stiefel bis oben hin mit Schlamm bedeckt sind, bin ich eigentlich nicht undankbar. Es wird ein Kampf. Millimeterweise kommen wir voran. Mental habe ich das Fest schon abgeschrieben und sehe uns zurück zur Lodge fahren. Doch unser Fahrer beißt sich durch, kurbelt am Steuerrad, das Vierganggetriebe heult gequält auf, gibt laut krachende Geräusche von sich. Durch die geöffnete Scheibe fliegen uns tennisballgroße Schlammbrocken entgegen, der Geruch nach feuchter Erde füllt den Innenraum aus. Teilweise stecken wir bis zum Türholm im Matsch fest. Unfassbar, aber wir schaffen es irgendwie, uns durchzukämpfen. An der Pforte gibt’s erst mal gebratene Nudeln zum Frühstück und Kaffee.

Recherchereise nach Borneo, Tag 4 Teil 2

12.04.13 Tag 4, Teil 2:
Nehas Lian Bing – Sangatta

(Bilder folgen)

In dem Dorf Nehas Lian Bing der Wehea Dayaks herrscht schon buntes Treiben. Der Eingang ist abgeriegelt, doch wir sind herzlich willkommen – die einzigen Langnasen hier. Die Häuser sind hier teilweise auf Stelzen gebaut, viel Holz wird als Baumaterial verwendet. In separaten Stelzenanbauten werden Schweine gehalten, Hühner laufen frei umher. Hier lebt auch noch eine alte Langohr-Dayak-Frau – die gedehnten Ohrläppchen ziehen sich bis zur Brust hinunter. Mit ihrem IPhone am Ohr bietet sie einen richtigen Kulturschock.
Wir kommen genau rechtzeitig zum Kanurennen auf dem großen Kutai River. Gegen die Strömung wird vorangepaddelt, die Rennen erfolgen flussabwärts. Erst kommen die Männer. Bunt verkleidet liefern sie sich harte „Kämpfe“ in ihren wackeligen Kanus. Mit „Pfeilen“ aus Palmwedelstämmen versuchen sie, ihre Gegner zu treffen. Es gibt großes Gelächter und das ein oder andere Boot kentert. Die Sieger werden zwar groß gefeiert und erhalten einen Pokal, doch es scheint hauptsächlich um den Spaß zu gehen. Die Frauen liefern sich ein Speed-Race. Pfeilschnell pflügen ihre Kanus an uns vorbei, wir müssen uns beeilen, um sie überhaupt auf ein Foto zu bekommen. Mit den Einheimischen jubeln wir ihnen vom Ufer aus zu. Wir werden immer wieder neugierig angeschaut, doch Lächeln ist international und diese freundlichen, offenen Menschen machen es einem nicht schwer, sich willkommen zu fühlen. Bald sind wir die „Stars“. Wir kennen es ja schon von den anderen, vom Tourismus bislang verschonten, Inseln von Ost-Indonesien, dass man sich gerne mit uns fotografieren lässt. Auch hier kommen immer wieder aufgeregte Jugendliche auf uns zu, die ein Bild mit uns haben möchte. Und auch das ein oder andere ältere Semester gesellt sich gerne dazu.
Der Brauch bei diesem Fest, auch Irau genannt, ist es, sich gegenseitig mit dem Ruß der Topfunterseiten, der mit Salatöl gemischt ist, das Gesicht zu verschmieren. Und auch mit Wasser zu überschütten soll Glück bringen. Als wir schließlich pitschnass, mit schwarzen Gesichtern durchs Dorf wandeln, sind wir voll akzeptiert. Und überall herrscht Lachen und Freude. Es wird wie wild auf allen Seiten geknipst.
Jedes Haus ist offen, Essen steht bereit und jeder wird willkommen geheißen. Eine Einladung abzulehnen wäre unhöflich. Bei Luwah, die für die Dorfverwaltung arbeitet, gibt es lecker Fisch in verschiedenen Variationen, Klebreis in Palmblättern und etwas Pinkfarbenes, das Kokos enthält und glücklicherweise nicht sehr süß schmeckt. Wir sitzen im Schneidersitz auf dem Boden und lassen es uns schmecken. Nach einem Verdauungsspaziergang durchs Dorf, mit weiteren Rußbeschmierungen und Wassergüssen werden wir bei Yatim, dem Chef der Ranger, eingeladen. Das Huhn, das in Kokossauce schwimmt, ist extrem lecker, doch es gibt kein Besteck. Yatim macht sich auf die Suche nach Löffeln für uns. Meine verschämte Frage an Rahim, ob sie die Sauce denn dann aus dem Teller trinken, verneint er lachend. Die bleibt einfach liegen. Wie sie den schwimmenden Reis essen, bleibt mir ein Rätsel. Wir löffeln alles auf. Die wissen gar nicht, was ihnen entgeht. Auf meine – abermals verschämte – Frage nach einer Toilette erklärt mir Yatim, dass sie in den Fluss gehen. Sein Englisch ist sehr gut, es kann also keine Verständigungsprobleme geben. Er bietet mir an, mich hinzubringen. Ich nicke. Wieder eine neue Erfahrung. Glücklicherweise entdeckt Rahim jedoch ein Stehklo neben einem Haus und schickt mich dorthin.
Bei einer anderen Familie werden wir zum Palmwein eingeladen. Auch sehr interessant. Das Nachschenken in der Mittagshitze lehnen wir jedoch dankend ab, denn dieses Getränk hat es in sich. Natürlich ist auch hier wieder Fotosession angesagt.

Hudoq werden die Tänze genannt, die dazu dienen, die Ernte zu schützen und die Plagen fernzuhalten, sowie um einen reichhaltige Ertrag zu erbitten. Bunt kostümiert, mit Federn von Nashornvögeln als Kopfschmuck und riesigen Masken mit verspiegelten Augen tanzen die Männer auf das großen Fußballfeld. Die flirrende Hitze, die rhythmischen Trommeln und Gesänge und die exotischen Kostüme versetzen uns kurzfristig in eine ganz andere Welt.
Nur schwer trennen wir uns, doch der Weg nach Sangatta ist noch weit und die Straßen sind hier schlecht und noch im Bau. Spät in der Nacht treffen wir in unserem Hotel ein, das ehemals ein Nobelschuppen war. Doch auch hier finden wir Wildlife – 3 Kakerlaken springen in unserem Zimmer herum. Wir trauern dem Dschungel nach, doch der Schlaf holt uns schnell ein.

 

Recherchereise nach Borneo, Tag 3

11.04.13 Tag 3:
Hutan Lindung Wehea

(Bilder folgen)

Früh plätschert der Regen vor unserer Veranda, verbreitet einen herrlichen Geruch nach feuchtem Gras. Zum Sonnenaufgang schwillt das Grillenkonzert noch einmal an. Gemütlich stehen wir auf. Rahim brät uns Nudeln mit Frühlingszwiebeln – wieder lecker gewürzt. Was haben wir für ein Glück! Auch die Sonne schiebt sich schon schnell durch die Wolkendecke, das Grün schimmert wie frisch gewaschen. Heute begleitet uns Wahyu auf einer Tour durch Regenwald und Fluss. Der Boden ist teilweise matschig und rutschig. Über enge Pfade geht es bergauf und wieder hinunter. Vor zwei Tagen war hier erst ein Orang-Utan unterwegs – schade, dass wir ihn verpassen. Wir sehen dafür Schwärme von bunten Schmetterlingen und eine farbenfrohe Raupe im Flußbett. Wahyu schwingt sich über Lianen – auch Tarzan ist hier bekannt.

Das Waten durchs flache Wasser ist erfrischend. Wir verfolgen seinen Lauf bis zu einem kleinen Wasserfall. Die Klettertour ins obere Becken erspare ich meinem lädierten Knie und schaue mich um. Da piekst mich etwas am Fuß. Es sieht aus wie ein kleiner Wurm, circa zwei Zentimeter lang und sehr agil. Als ich meinen Fuß genauer anschaue, sehe ich zwei dicke Blutegel sitzen. Glücklicherweise haben sie sich noch nicht festgesaugt. Auch Hajot picke ich gleich einen vom Fuß. Wir erfahren, dass beides Blutegel-Arten sind. Ich finde, man könnte diese Egel auch durchaus mit „k“ schreiben. Das erklärt auch unser anhaltendes Bluten vom Vortag. Durch den Fluß stapfen wir zurück. Routinemäßige Kontrolle alle zehn Minuten. Die Sonne funkelt durchs dichte Blätterdach, malt bunte Kringel auf die Wasseroberfläche. Das Murmeln des Baches und der Duft des Regenwaldes nehmen uns gefangen.

Das Wasser wird etwas tiefer. Wenn es geht, laufen wir am Rand. Wir müssen die Seite wechseln, es wird schlammig. Ich versinke bis zum Knie im Matsch, stecke fest. Sinke immer tiefer. Das Wasser umspielt die Fransen meiner abgeschnittenen Jeans. Ich ziehe mit ganzer Kraft, da kommt mein Fuß frei. Nur meine Trekking-Sandale steckt noch fest. Hajot befreit sie, doch das Band ist gerissen. Gut, dass Hajot McGuyver ist und es Schlingpflanzen im Urwald gibt – sie eignen sich hervorragend zur Reparatur. Als der Bach tiefer wird, ist Wahyu, den wir wegen seiner Gummistiefel schon beneidet haben, in der Bredouille. Doch Hajot schafft Abhilfe und trägt ihn auf dem Rücken hinüber. Wir haben viel Spaß. Dem Bach folgen wir weiter, über umgestürzte Baumstämme oder darunter hindurch – Abenteuer-Trekking ganz nach unserem Geschmack.

Rahim erwartet uns mit einem köstlichen späten Lunch: Gegrillte Fische, Gemüse und Tempeh – fermentiertes Soja – knusprig gebraten und, obligatorisch, Nasi (Reis). Ich notiere mir all seine Rezepte. Den halben Nachmittag verbringen wir im Fisch Spa und lassen uns abknabbern. Unsere Haut muss rein wie die eines Babys sein. Das abendliche Gewitter trommelt auf das Holzdach, wir sitzen gemütlich mit Tee und kaltem Bier beisammen, Wahyu flechtet uns Ringe aus Lianenfasern. Es ist unglaublich, man kann weder Anfang noch Ende sehen. Neben den traumhaft schönen Erlebnissen werden uns diese noch lange weiter begleiten.

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag weiter in den Kutai National Park fahren. Doch im Dorf von Wayhus Sippe ist morgen ein Fest. Irau – eine Art Erntedank-/Neujahrsfest, das nur alle paar Jahre stattfindet, wenn Sonne und Mond in der richtigen Konstellation stehen. Normalerweise ist dies nur für die Einheimischen – solch eine Einladung können wir natürlich nicht ausschlagen und sagen gerne zu. Auch Rahim hat dies bislang noch nicht erlebt und wir freuen uns gemeinsam darauf.

Recherchereise nach Borneo, Tag 2

10.04.14 Tag 2:
Borneo/East Kalimantan – Hutan Lindung Wehea

(Bilder folgen)

Wir fallen um 6 Uhr früh beinahe aus den Betten, als gegen unsere Tür getrommelt und das Frühstück – Nasi Goreng Ayam (gebratener Reis mit Huhn) – gebracht wird. Da wir erst um 7.30 Uhr abfahren wollten, haben wir noch tief und fest geschlafen. Das Frühstück packen wir erst mal in die Taschen und trinken den leckeren Schwarztee. War die Straße am Vortag schlecht, wird sie heute richtig sportlich. Tiefe Rinnen haben sich in die Spur gegraben, Steinbrocken und Löcher bescheren eine holprige Fahrt. Rahim entschuldigt sich, doch wir beruhigen ihn. Aus dem Outback Australiens sind uns solche Wege nicht fremd.
Der „Hutan Lindung Wehea“ (Waldschutzgebiet Wehea), einst von Konzessionen der Holzfällergesellschaften stark bedroht, liegt heute unter der Obhut der Ureinwohner, der Wehea Dayak. Starke Anstrengungen werden unternommen, um das 38.000 Hektar große Gebiet vor weiterer Abholzung und die artenreiche Flora und Fauna zu bewahren. Finanzielle Mittel sind rar – es werden Hilfsorganisationen gesucht, die den Erhalt des Gebietes unterstützen. Der bevorstehende Besuch der Forstbehörde verursacht große Aufregung unter den Rangern, denn ihr Schicksal hängt von der Unterstützung von Behörden und der NGOs ab.
Malerisch am Kutai River gelegen ist die „Eco-Jungle-Lodge“, zwei komplett aus Holz gebaute zweistöckige Häuser im Stil der long houses der Dayaks. Alles sehr schlicht, doch für uns ist es first class. Selbst der „Pool“, ein Becken vor dem kleinen Wasserfall, und das Fisch Spa fehlen nicht. Wir lassen uns gleich von den Fischen anknabbern, es kitzelt unglaublich. Unser Lachen dringt bis ins Haus, erfahren wir später von Rahim. Zum ersten Mal kommen wir in den Genuss seiner Küche. Er verwöhnt uns mit knusprigen Fischen, Wasserspinatgemüse und dem obligatorischen Reis, alles köstlich gewürzt. Gäbe es Sterne zu vergeben, wären sie definitiv hier angebracht. Mit Kaffee und Tee lassen wir es uns in dem Holzpavillion mit Blick auf den Fluss so richtig gut gehen, bevor wir uns in Begleitung von dem Ranger Wahyu, einem Wehea Dayak, auf den Weg in den Dschungel machen. Der steile Aufstieg treibt unsere Pumpe in der feuchten Luft zu Hochleistungen an, der Schweiß rinnt in Strömen. Doch im Regenwald ist es angenehm kühl. Die Holzfällergesellschaften haben Pfade geschlagen – unvorstellbar, wie sie die großen schweren Stämme über diese Wege abtransportiert haben. Glücklicherweise wurde hier nur sehr selektiv abgeholzt, so dass viel vom ursprünglichen Wald erhalten blieb. Wayhu möchte Englisch lernen, spricht schon einiges. Am Anfang noch sehr still, überbrücken wir nach und nach die Sprachbarriere und unterhalten uns mit Händen und Füßen. Er zeigt uns Nester von Orang-Utans, Tausendfüßler und erklärt über die Gepflogenheiten der Dayaks. Auch die Jagd ist hier in dem Schutzgebiet für die Einheimischen verboten, so dass sie oft Versorgungsschwierigkeiten haben. Doch sie sind froh, dass ein Teil ihres Landes erhalten bleibt und nicht mehr von den großen Gesellschaften zerstört, deshalb arbeiten sie gerne daran mit.
Wie es hinauf ging, geht es nun auch wieder steil herunter, die Landschaft hier ist hügelig. Laub raschelt unter unseren Füßen, es riecht angenehm nach feuchter Erde. Der Rundweg führt ein paar Meter über die Straße zurück, die von Alang-Alang-Gras, hohen, spitzen Grashalmen, die alles überwuchern, umsäumt ist. Die Verletzungen an unseren Füßen, die gar nicht mehr aufhören wollen zu bluten, führen wir zuerst darauf zurück. Das Bad im Fisch-Spa-Pool verschafft Linderung und mit Rahims köstlichem Abendessen – in süßer Sojasauce und Tomaten marinierte Hühnerbeine, Weißkohl-Karotten-Kartoffel-Gemüse, kleine Omelettes mit Frühlingszwiebeln und natürlich Reis. Das Bintang-Bier, das Rahim uns in einer Eisbox gekühlt hat, zischt herrlich in unseren ausgetrockneten Kehlen. Auch unsere Ranger trinken mit. Wir verbringen einen spannenden, informativen Abend mit guten Gesprächen über Gott und die Welt und lernen wieder viel über unser Urlaubsgebiet.
Da die Ranger die Zimmer für die Delegation frisch gebohnert haben, packen wir unsere Matratzen auf die Veranda im ersten Stock – mitten im Regenwald. Es gibt keine Moskitos, nur lautes Grillenzirpen, Fröschequaken und andere undefinierbare, spannende Geräusche des Dschungels. Wir fühlen uns wie im siebten Himmel. Und sind uns sicher: Wir haben mit dieser Tour genau die richtige Entscheidung getroffen.

11.04.13 Tag 3: Hutan Lindung Wehea
Früh plätschert der Regen vor unserer Veranda, verbreitet einen herrlichen Geruch nach feuchtem Gras. Zum Sonnenaufgang schwillt das Grillenkonzert noch einmal an. Gemütlich stehen wir auf. Rahim brät uns Nudeln mit Frühlingszwiebeln – wieder lecker gewürzt. Was haben wir für ein Glück! Auch die Sonne schiebt sich schon schnell durch die Wolkendecke, das Grün schimmert wie frisch gewaschen. Heute begleitet uns Wahyu auf einer Tour durch Regenwald und Fluss. Der Boden ist teilweise matschig und rutschig. Über enge Pfade geht es bergauf und wieder hinunter. Vor zwei Tagen war hier erst ein Orang-Utan unterwegs – schade, dass wir ihn verpassen. Wir sehen dafür Schwärme von bunten Schmetterlingen und eine farbenfrohe Raupe im Flußbett. Wahyu schwingt sich über Lianen – auch Tarzan ist hier bekannt.
Das Waten durchs flache Wasser ist erfrischend. Wir verfolgen seinen Lauf bis zu einem kleinen Wasserfall. Die Klettertour ins obere Becken erspare ich meinem lädierten Knie und schaue mich um. Da piekst mich etwas am Fuß. Es sieht aus wie ein kleiner Wurm, circa zwei Zentimeter lang und sehr agil. Als ich meinen Fuß genauer anschaue, sehe ich zwei dicke Blutegel sitzen. Glücklicherweise haben sie sich noch nicht festgesaugt. Auch Hajot picke ich gleich einen vom Fuß. Wir erfahren, dass beides Blutegel-Arten sind. Ich finde, man könnte diese Egel auch durchaus mit „k“ schreiben. Das erklärt auch unser anhaltendes Bluten vom Vortag. Durch den Fluß stapfen wir zurück. Routinemäßige Kontrolle alle zehn Minuten. Die Sonne funkelt durchs dichte Blätterdach, malt bunte Kringel auf die Wasseroberfläche. Das Murmeln des Baches und der Duft des Regenwaldes nehmen uns gefangen.
Das Wasser wird etwas tiefer. Wenn es geht, laufen wir am Rand. Wir müssen die Seite wechseln, es wird schlammig. Ich versinke bis zum Knie im Matsch, stecke fest. Sinke immer tiefer. Das Wasser umspielt die Fransen meiner abgeschnittenen Jeans. Ich ziehe mit ganzer Kraft, da kommt mein Fuß frei. Nur meine Trekking-Sandale steckt noch fest. Hajot befreit sie, doch das Band ist gerissen. Gut, dass Hajot McGuyver ist und es Schlingpflanzen im Urwald gibt – sie eignen sich hervorragend zur Reparatur. Als der Bach tiefer wird, ist Wahyu, den wir wegen seiner Gummistiefel schon beneidet haben, in der Bredouille. Doch Hajot schafft Abhilfe und trägt ihn auf dem Rücken hinüber. Wir haben viel Spaß. Dem Bach folgen wir weiter, über umgestürzte Baumstämme oder darunter hindurch – Abenteuer-Trekking ganz nach unserem Geschmack.
Rahim erwartet uns mit einem köstlichen späten Lunch: Gegrillte Fische, Gemüse und Tempeh – fermentiertes Soja – knusprig gebraten und, obligatorisch, Nasi (Reis). Ich notiere mir all seine Rezepte. Den halben Nachmittag verbringen wir im Fisch Spa und lassen uns abknabbern. Unsere Haut muss rein wie die eines Babys sein. Das abendliche Gewitter trommelt auf das Holzdach, wir sitzen gemütlich mit Tee und kaltem Bier beisammen, Wahyu flechtet uns Ringe aus Lianenfasern. Es ist unglaublich, man kann weder Anfang noch Ende sehen. Neben den traumhaft schönen Erlebnissen werden uns diese noch lange weiter begleiten.
Eigentlich wollten wir am nächsten Tag weiter in den Kutai National Park fahren. Doch im Dorf von Wahyus Sippe ist morgen ein Fest. Eine Art Erntedank-/Neujahrsfest, das nur alle paar Jahre einmal stattfindet, wenn Sonne und Mond in der richtigen Konstellation stehen. Normalerweise ist dies nur für die Einheimischen – solch eine Einladung können wir natürlich nicht ausschlagen und sagen gerne zu. Auch Rahim hat dies bislang noch nicht erlebt und wir freuen uns gemeinsam darauf.

12.04.13 Tag 4: Huntan Lindung Wehea – Nehas Lian Bing – Sangatta
Am frühen Morgen fängt es an zu gewittern. In Bächen strömt der Regen an unserer Veranda vorbei. Wir bleiben trocken, doch der Gedanke an den Weg, der sicherlich unpassierbar wird, schießt mir durch den Sinn. Und er soll sich bewahrheiten. Die Sonne blitzt zwar schon längst wieder durch die Wolken, doch der Weg ist nass und schlammig. Bereits die Auffahrt direkt an der Lodge wird schon unpassierbar, tief graben sich die Räder des Geländewagens in den Schlamm. Unser Fahrer hat schwer zu kämpfen. Wahyu und Rahim steigen aus, werfen Farnwedel vor die Räder, versuchen zu schieben. Unser Hilfsangebot wird vehement abgelehnt. Als ich sehe, wie Rahim barfuß knöcheltief im Matsch steckt und auch Wahyus Stiefel bis oben hin mit Schlamm bedeckt sind, bin ich eigentlich nicht undankbar. Es wird ein Kampf. Millimeterweise kommen wir voran. Mental habe ich das Fest schon abgeschrieben und sehe uns zurück zur Lodge fahren. Doch unser Fahrer beißt sich durch, kurbelt am Steuerrad, das Vierganggetriebe heult gequält auf, gibt laut krachende Geräusche von sich. Durch die geöffnete Scheibe fliegen uns tennisballgroße Schlammbrocken entgegen, der Geruch nach feuchter Erde füllt den Innenraum aus. Teilweise stecken wir bis zum Schweller im Matsch fest. Unfassbar, aber wir schaffen es irgendwie, uns durchzukämpfen. An der Eingangsstation gibt’s erst mal gebratene Nudeln zum Frühstück und Kaffee.

Recherchereise nach Borneo, Tag 1

09.04.14 Tag 1:
Thailand/Phuket – Malaysia/Kuala Lumpur – Borneo/East Kalimantan-Balikpapan

140409 Über den WolkenPünktlich kurz nach Mitternacht landet der Flieger der Air Asia am Flughafen von Kuala Lumpur, nur eine Stunde und zwanzig Minuten Flugzeit von Phuket entfernt. Nach der Kälte im Flieger legt sich die schwül-warme Luft wie ein feuchtes Saunatuch um uns. Wir erfahren zum ersten Mal, was es heißt, Low Cost Carrier zu fliegen. Der Fußmarsch zur Ankunftshalle quer über das Rollfeld im Dunklen scheint kein Ende zu nehmen. Nach Immigration und Zoll freuen wir uns auf unser Zimmer im Flughafenhotel, das wir stundenweise gebucht haben – 8 Stunden Aufenthalt sind lange. Doch wieder schlägt sich der günstige Flugpreis zu Buche: Das Terminal für die „normalen“ Flieger ist für uns nicht zugänglich, wir können das Hotel nicht betreten. Wenigstens erlassen sie uns die Stornogebühren. Jeder freie Platz auf dem Fußboden der Wartehalle ist mit Liegenden belegt. Von einer Gruppe Inder, die aus Gepäcktrolleys eine Wagenburg gebaut haben, wabert der Duft nach Kardamom und scharfen Curry durch die Luft, als sie ihre mitgebrachten Styroporboxen öffnen. Zwei Philippinen aus unserem Flieger haben sich schon in Decken neben Pflanzenkübeln eingerollt. So langsam beginnen sich auch die freien Plätze mitten im Raum zu füllen. Wir sind müde und haben einen ereignisreichen Tag vor uns. Neben dem Massagesalon ist eine Art offene Abstellkammer, leere Müllkübel türmen sich in der Ecke. 140409 FlughafenDer Boden ist schmutzverkrustet, zwei Zentimeter hohe Schrauben stehen hervor. Wir legen unsere Regenmäntel aus, der Rucksack dient als Kopfkissen. So langsam kriecht die Kälte des Marmorbodens von unten schmerzhaft in unsere Glieder. Wir stapeln sämtliche T-Shirts, Hosen und Handtücher unter uns zu einem kuscheligen Schlafplatz. Der Pareo dient als Zudecke. Tatsächlich finden wir Schlaf.

Früh am Morgen geht es zum Einchecken. Ich will nichts von Borneo aus der Luft verpassen, schlafe doch im Flieger wieder ein. Der neue Flughafen von Balikpapan im Osten von Kalimantan, dem indonesischen Teil Borneos, ist gerade mal zwei Wochen alt. 140409 Flughafen BalikpapanSehr schick – eine riesige verglaste Halle und weiße Marmorböden, in denen sich die Stahlkonstruktion der Decke spiegeln. Hier hätte man sauber schlafen können.
Rahim von De’gigant holt uns am Flughafen ab, er wird uns die nächsten Tage begleiten. Zuerst sind wir skeptisch, da wir bislang alle Touren selbst organisiert haben und alleine unterwegs waren, doch niemals hätten wir in der kurzen Zeit so viel sehen und erleben können. Wir verstehen uns auf Anhieb. Rahim, der sehr gut Englisch spricht, interessiert sich für Politik, die Welt, die Umwelt, die Wirtschaft – die Gesprächsthemen gehen uns nicht aus.
Die Sechshunderttausend-Einwohner-Stadt Balikpapan ist eine der saubersten Städte Indonesiens – Müll auf die Straße werfen, selbst Zigarettenkippen, wird mit hohen Strafen geahndet. Rahim führt uns zum Markt. Farbenfroh türmen sich rote Drachenfrüchte, gelbe Ananas und grüne Wassermelonen auf. Ihr fruchtiger Duft konkurriert mit dem der, auf dem offenen Grill brutzelnden, Hühnerbeine und Fische aus den Straßenbuden. Wir kehren ein. Rahim hat Mitleid mit uns, als er sieht, wie ungeschickt wir versuchen, mit der Hand aus dem Reis, über den wir eine äußerst schmackhafte Wasserspinatsuppe gegossen haben, so schöne Kugeln wie er zu formen, und organisiert uns Löffel. Und immer wieder versuchen wir, nicht zu vergessen, Hühnchen und Fisch nur mit der rechten Hand zu essen (die Linke ist hier für andere Dinge reserviert).
Die Essensbude liegt direkt am Ufer. Ab und zu zieht der algige Geruch der Brandung vorbei. Vor der Küste lodern Flammen auf den Bohrtürmen – Balikpapan hat seinen Boom durch Öl- und Gasvorkommen erhalten.
Nach einer kurzen Rundfahrt durch den Ort, in dem Nobelgebäude aus weißem Marmor neben hölzernen Stelzenhäusern mit leuchtend blauen Wellblechdächern stehen, geht es wieder zum Flughafen. 140409_Aus_der_Luft_BrachlandGaruda Airlines bringt uns zu unserem nächsten Ziel nach Berau im Herzen von Ost-Kalimantan. Unter uns erstreckt sich Grün. Palmöl-Plantagen, vereinzelte Stellen von Regenwald, immer wieder unterbrochen von riesigen erdigen Flächen. Kohle-Minen, erklärt uns Rahim. Obwohl es als Entwicklungsland zählt, ist Indonesien eines der an Bodenschätzen reichsten Länder der Welt. Borneo besitzt neben Öl-, Gas- und Kohlevorkommen viele Gold- und Diamantminen, denen der Regenwald weichen muss.
Auch die abenteuerliche Fahrt mit dem Geländewagen über die “schlechteste Hauptstraße der Welt” lässt uns zwiespältig zurück. Das üppige Grün des Regenwalds wird immer wieder von riesigen abgeholzten Flächen abgelöst. Wie umgeknickte Mikadostäbchen liegen riesige Baumstämme auf den Hängen, teilweise wurden die Flächen schon gerodet und Plantagen, hauptsächlich Palmöl, teilweise auch das weniger schädliche Kautschuk, angebaut. So langsam wird die Welt um uns herum in rosa getaucht, die Sonne verschwindet hinter den Bergen. Für unseren Fahrer eine Herausforderung, sich über die von tiefen Gräben und Schlaglöchern durchsetzte Straße zu kämpfen. Wir kommen nur langsam voran. 140409 VespernUnser Abendessen an einer Straßenbude teilen wir uns mit Scharen von Moskitos. Die Nährstoffe, die wir zu uns nehmen, saugen sie sofort wieder aus uns heraus. Sechs Stunden später, irgendwann mitten in der Nacht, kommen wir im kleinen Örtchen Murau Wahau, im Gebiet der Wehea-Dayaks, an. Das Gästehaus ist schlicht, todmüde sinken wir in die Betten. Ein langer, ereignisreicher Tag geht zu Ende.