Ute Bareiss (Helen Paris) – Weltumseglerin und Autorin
„Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum!“
Vieles wurde mir in die Wiege gelegt – so auch die Liebe zu Büchern. Das Rascheln der Blätter und der Geruch nach Papier, das mir schon beim Gedanken daran eine wohlige Gänsehaut verursacht. Abtauchen in fremde Welten, sich völlig in einer Geschichte zu verlieren und traurig zu sein, wenn das Buch zu Ende ist. Die alten – zum Teil in Sütterlin geschriebenen – Bücher meiner Großeltern stehen heute in meinem Regal. Heimlich unter der Bettdecke lesen gehörte als Kind dazu. Damals schimpften meine Eltern, doch heute glaube ich, sie waren froh, dass wir Kinder sämtliches Lesematerial nahezu fraßen. Auch ich gehöre zu den Leuten, die schon im Jugendalter ihr erstes Buch schrieben. Ganz traditionell mit Stift und Papier. Eine Jugendgeschichte mit vierzehn (die ich zu meinem heutigen Bedauern damals vernichtete, weil es mir peinlich war). Doch Schriftstellerin werden? Auf die Idee kam ich nie.
Meine Gedanken hörten nicht auf, auf Wanderschaft zu gehen und fremde Welten zu erschaffen. Auch das “echte” Reisen war schon immer ein wichtiger Punkt in meinem Leben (wahrscheinlich gibt es in unserer Familie Nomadenblut). Ganz Europa bereisten wir mit Zelt und Wohnwagen – meine Eltern, meine Schwester und mein Bruder. Auch nach Beendigung der Schule machte ich mich erst einmal für eine Weile auf – mit Rucksack, Isomatte und Freunden, quer durch Südeuropa.
Dann zog es mich in die Lüfte. Die Gleitschirmfliegerzeit gehört immer noch zu einem der Highlights in meinem Leben. Abheben, schwerelos durch die Lüfte segeln, die Vogelperspektive genießen. Ganz lautlos. Die Welt zu meinen Füßen.
Bei den Fliegern traf ich auf Hajot, meinen heutigen Mann. Und er war dazu Segler – ein Sport, der mich schon immer reizte. Was lag näher, als in die Karibik zum Segeln zu gehen? Auch die Unterwasserwelt, die tatsächlich so bunt wie auf den Fotos war, ließ mir vor Staunen den Mund offenstehen. Zeitlebens eine Wasserratte, war ich schon wieder verloren. Auch eines dieser Wiegendinge, schließlich war ich von Geburt an im Schwimmverein, meine Eltern lernten sich im Tauchclub kennen und mein Onkel gründete den Württembergischen Tauchverband und führte in meinem Elternhaus im Keller einer der ersten Tauchläden in Deutschland. Auch mein Mann und ich wurden recht schnell Tauchlehrer und sind im Verein TC Uni Stuttgart Manatees noch heute im Ehrenamt aktiv in der Tauch-Ausbildung.
Unser heißgeliebter VW-Bus, mit dem wir jedes Wochenende loszogen, war nun mit Gleitschirm und Tauchausrüstung bis obenhin vollgepackt – manchmal hing an der Anhängerkupplung noch die Segeljolle.
Sowohl mit einem Segelschiff über das Wasser zu gleiten, nur begleitet von Wellenrauschen und Windgeräuschen, als auch schwerelos unter Wasser dahinzugleiten, ein Teil des Meeres zu sein, ähnelten dem Fliegen und wollten intensiviert werden. Eine Weltumsegelung wäre toll, alle Länder über und unter Wasser zu erforschen. Wer träumt nicht davon?
Mein Schreib- und Übersetzungsbüro, mit abwechslungsreicher Arbeit von Büroorganisation, Sachbearbeitung und alle Arten von Übersetzungen und vielseitigen Kunden, hatte ich mit Herzblut aufgebaut. Es fiel mir schwer, es aufzugeben. Auch Hajot hing an seinem Job in der Geschäftsführung eines Reisebusunternehmens. Familie und Freund zurückzulassen ist ein großer Schritt. Doch mit der Weltumsegelung warten bis zum Vorruhestand, wie Hajot zuerst vorschlug … niemals! Wer weiß, was kommt? So entschieden wir uns, einen Katamaran – die Taimada – zu kaufen – ein Schiff, auf dem man auch problemlos Gäste mitnehmen und sich so den Lebensunterhalt mit Segel- und Tauchreisen finanzieren kann. Am 02.02.2002 feierten wir unsere Abschiedsparty, dann machten wir uns auf, die Welt zu erforschen.
Die Idee mit dem Buch war in der Planungsphase zur Weltumsegelung ziemlich plötzlich gekommen. An meinem 30. Geburtstag, am Strand in Kroatien. Damals waren meine Vorstellungen vom Schreiben noch ziemlich naiv: Man schreibt ein Buch, schickt es an einen Verlag, der lektoriert es und veröffentlicht es … und schon ist man berühmt. Oder so.
Die Figuren fingen an, mich konstant zu begleiten. Bis ich dann endlich anfing zu schreiben, dauerte es etwas, denn die ersten Jahre an Bord waren sehr intensiv und abenteuerlich, inklusive der ein oder anderen Seenotrettung. Im Sommer besegelten wir das Mittelmeer, im Winter die Karibik. Zwei Atlantiküberquerungen jedes Jahr rundeten das Programm ab. Doch 2005 ging es dann wieder los – die Zeit zum Schreiben war reif … Diverse Zeitschriftenartikel mit Reiseberichten folgten. Das erste Manuskript war die Wiederauflage meines Jugendbuchs, das ich mit vierzehn Jahren geschrieben hatte. Neue Charaktere, etwas ausgeschmückt, denn die Jugendlichen gingen nun auf einen Segeltörn und lernten Tauchen. Schauplätze hatte ich schließlich inzwischen genug zur Hand, um diese problemlos auch dem Leser zeigen zu können. Die Einsendung an sämtliche Jugendbuchverlage war nicht von Erfolg gekrönt. Heute weiß ich, warum – schließlich hatte ich damals noch wenig Ahnung vom Handwerk an sich. Perspektive? Hatte für mich etwas mit einer Kamera zu tun – was es ja im Endeffekt auch beim Schreiben trifft, der Fokus auf die Person, um den Leser voll ins Geschehen zu ziehen. Einige Schreibratgeber und ein lange zurückliegender Kurs über “Creative Writing” an der Uni waren alles, worauf ich mich berufen konnte.
Wir schrieben einen aufregenden Sommer 2008 in der USA. Ich arbeitete an einem neuen Manuskript. Damit suchte ich im Internet nach Verlagen. Und landete auf der Seite des Deutschen Schriftstellerforums. Und mein Unheil begann. Ich durchlief eine harte Schule von kritisiert werden und selbst konstruktiver Kritik zu üben. Von netten Mitstreitern wurde mir das Handwerk mit Zuckerbrot und Peitsche eingetrichtert. Seminare beim Bundesverband junger Autoren rundeten das Programm ab.
Neben dem Schreiben ging auch unsere Weltumsegelung weiter – Mittelmeer und Karibik waren hinlänglich erforscht. Wir segelten einmal quer durch die USA, den Great Loop, die Ostküste hinauf, über New York, den Hudson River nach Kanada, über die großen Seen den Mississippi hinunter bis in den Golf von Mexiko. Ein wahnsinniges Erlebnis. Nach Mittelamerika folgte der Panamakanal und wir waren mit der Taimada im Pazifik. Die hochgelobte Südsee bescherte uns einige Abenteuer, von Mastverlust über Schiffbruch, als auch wundervollen Menschen, die uns in Gedanken weiter auf unserer Reise begleiten. Exotisch klingende Namen wie Tahiti, Bora Bora, Fiji, Tonga schmücken unsere Route – wie auch der Platz, wo man noch die ursprüngliche Südsee findet: Vanuatu, das vom Taifun Pam schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Neuseeland und die Fahrt mit dem Geländewagen quer durch Australien bleiben unvergesslich, doch auch Indonesien – die gastfreundlichen Menschen und eine Segelroute fernab von Touristenpfaden – ist und bleibt ein Highlight. Nach drei Jahren Thailand war es 2016 an der Zeit für uns, die erste Weltumsegelung zu vollenden – über den Indischen Ozean, die Andamanen Inseln in Indien, vorbei an den Malediven, durch die Piratengebiete am Golf von Aden, nach Jemen, Eritrea, Sudan und Ägypten quer durch das Rote Meer ging es zurück ins Mittelmeer. Die Erlebnisse auf dieser Wegstrecke haben sich tief in unser gedächtnis gebrannt. Nach knapp 15 Jahren hatten wir dann unserer erste Weltumsegelung in Griechenland vollendet. Im Winter ging es weiter in die Karibik, wo wir den nächsten Winter verbringen wollten, während der Sommer für das Schreiben in good old Germany reserviert ist. Danach sollte es weiter gehen – nochmals um die Welt. Dann kam Corona. Plötzlich waren alle Grenzen zu, wir hingen auf den Bahamas fest (es gibt schlimmere Plätze, um zu stranden). Allerdings durften wir unser Schiff nicht bewegen und wir durften nicht an Land. Zum Glück sind wir Deutsche. Die französischen Inseln nahmen noch Europäer auf. Wir konnten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Guadeloupe “flüchten”. Nach Wochen nicht an Land durften wir noch 2 Wochen Quarantäne machen und dann endlich ein paar Meter zum Supermarkt. Viel Frisches gab es nicht, aber es war köstlich. Lange Rede, kurzer Sinn, nach einen Blitzeinschlag, der uns im darauffolgenden Jahr auf den Bahamas lahmgelegt hat, hingen wir abermals fest. Nach 2 Sommersaisonen in den USA, wo die Taimada die Hurrikan-Zeit verbrachte, geht es nun endlich los zur nächsten Runde. Wir sind gespannt, was uns erwartet. Ein Ende des Vagabundenlebens ist noch nicht in Sicht.
Auch unser weiteres Hobby, das Motorradfahren, haben wir nicht ganz hintenan gestellt. Sobald wir eine Möglichkeit haben, mieten wir uns ein Zweirad. Wir sind mit der Harley über den Strip in Las Vegas, quer durch Bonaire oder mit der Honda Alpine über die Sierra Nevada gedüst. Als nächstes steht eine Tour mit einer Royal Enfield über das Dach der Welt, dem Himalaya, auf dem Programm.
Jemand Kluges sagte einmal, man solle genau das Schreiben, was man gerne liest. Meines waren (neben Jugendbüchern, die ich immer noch gerne lese) die Thriller. Nach diversen Plotversuchen war es im Herbst 2012 in einer stürmischen Nacht soweit: Alex wurde geboren. Mein Protagonist, der Meeresbiologe Dr. Alexander Martin. Und mit ihm die Geschichte, aus der mein Thrillerdebüt “Roter Ozean” entstand. Ein Spiegel-Bericht über Silvio Berlusconi inspirierte mich zu der restlichen Geschichte, die Schauplätze Sardinien, Korsika und Giglio kannte ich zur Genüge. Blut und Wasser musste ich beim Schreiben schwitzen – meine TestleserInnen waren erbarmungslos. “Näher ran!” und “Das musst du Streichen, das interessiert keinen und bremst die Geschichte nur!” Der ein oder andere Darling musste gekillt werden. Dafür bin ich meinem unbezahlbaren Team unendlich dankbar! Sie haben das Manuskript noch ein ganzes Stück dichter gemacht.
Und standen mir zur Seite auf dem beschwerlichen Weg der Agentur- und Verlagsuche. Ich hatte Glück: Die Literaturagentur Schmidt & Abrahams, die ich in der ersten Runde angeschrieben hatte, interessierte sich sofort dafür. Das Manuskript gefiel und ich hatte in Rekordzeit den Vertrag in der Tasche, direkt vor der Frankfurter Buchmesse 2013. Das bange Warten begann von Neuem. Doch auf dem Rückflug nach Deutschland, wo wir den Sommer 2014 verbringen wollten, kam in Bangkok die erlösende E-Mail: Der Sieben-Verlag wollte mein Manuskript publizieren. Ich wäre beinahe ohne Flugzeug nach Deutschland eingeschwebt. Am 1. April 2015 erschien er unter dem Titel “Im Fahrwasser der Macht”. Seit Juli 2016 bin ich nun beim Kieselsteiner Verlag, bei dem die Alex-Martin-Thriller erscheinen. Auch Band 1 wurde unter dem Ursprungstitel “ROTER OZEAN” neu aufgelegt. Im Oktober folgte Band 2 “WEISSES GOLD: Im Sog der Gier”.
Und im Mai 2018 folgte dann der 3. Band “BLAUER TOD: Im Netz des Terros”, bei dem ich einige Erlebnisse aus dem Roten Meer verarbeiten konnte. Thriller “Schwarze Gier – Die Spur der Angst” erschien erst 2022, nachdem Bastei Lübbe meine E-Books aufgekauft und unter U.T. Bareiss neu veröffentlich hatte.
Nachdem mich die Borneo-Reise 2012 so nachhaltig beeindruckt hatte, musste ich 2014 (nachdem wir ohnehin schon in Asien waren) nochmals zur Recherche nach Borneo reisen. Es hat dennoch zwölf Jahre gedauert, bis Band 1 der Borneo-Thriller-Reihe “Green Lies – Tödliche Ernte” endlich erscheinen durfte. Dieses Mal in Kooperation mit “Borneo Orangutan Survival”, der Organisation, die sich dem Schutz der Orang-Utans angenommen hat und deren Aufzuchtstation mir als Vorbild für “Kampung Kera”, “meiner” Station im Buch gedient hat.
Band 2 soll im Juni 2025 erscheinen und natürlich geht es auch da wieder um die massive Gefährdung von Umwelt und Natur – verpackt in einen spannenden Thriller.
Aber zurück zum 1. Manuskript. Danach ging es Schlag auf Schlag. Von der Greenlight-Press erhielt ich das Angebot, an der Jugendkrimi-Serie “Ein M.O.R.D.s-Team” mitzuschreiben. Ich wollte! Tagelang haben wir die Serie mit rauchenden Köpfen geplant. Mein Teil “Eine verhängnisvolle Erfindung” hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es erschien als E-Book, alle 2 Bände als Taschenbuch und jeweils 3 Bände als Hardcover.
Auch der maritime Bereich sollte natürlich nicht zu kurz kommen. Zusammen mit neun anderen Autoren des Bundesverbands junger Autoren schrieben wir maritime Kurzgeschichten, die in der Anthologie “Aus Liebe zum Meer” beim Verlag 3.0 veröffentlicht wurden. Die Einnahmen spenden wir komplett an die Seenotretter – Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
Auch Beiträge in Anthologien folgten, wie in. “W(O)rtreich”, dem Jahrbuch des Autorenstammtischs Stuttgart und der Anthologie der Mörderischen Schwestern, Regiogruppe Stuttgart: “Genussvoll morden”, erschienen beim Wellhöfer Verlag.
Nebenher – nach jahrelangem Korrekturlesen, Rezensieren und Kommentieren von Texten – lag es nahe, selbst zu Lektorieren. Es folgten Seminare beim Verband freier Lektorinnen und Lektoren. “Fit fürs Freie Lektorat” wurde ich gefragt, ob ich eine Urban-Fantasy-Reihe für den Verlag lektorieren möchte. Natürlich wollte ich auch dies.
So lerne ich jeden Tag Neues dazu und werde damit auch hoffentlich nicht aufhören. Und schreibe weiter – es gibt noch so viele Geschichten zu erzählen, so viele Schauplätze, die einen Platz zwischen zwei Buchdeckeln finden möchten. Reale Begebenheiten und Schauplätze mit einer fiktiven Geschichte zu verbinden, ist für mich die Erfüllung eines Traumes.
Und weil es während Corona alles so düster war, kam meine romantische Seite zum Vorschein. “Helen Paris” wurde geboren. Ja, natürlich ist die Nähe zu “dem” Liebespaar Helena & Paris nicht von der Hand zu weisen, was ja gut für Liebesromane passt, aber nachdem meine Oma und meine Schwiegermutter beide “Helene” hießen und mein Nachname Bareiss “der aus Paris kommende” bedeutet … Na, was bietet sich da besser an als dieser Name, der mir auch ans Herz gewachsen ist.
Der Lynnwood Falls-Reihe folgten Schlag auf Schlag die California Callboys, “On a cosy Winter Night” (das meine Buchhändlerin als “bestes Buch mit dem hässlichsten Cover” verkaufte) und “Canada Love – Herzschlag der Wildnis.
Auch das Ehrenamt wurde ausgebaut. Neben dem “Job” als Moderatorin beim Deutschen Schriftsteller-Forum, den ich seit 2009 innehabe, folgte die Organisation der Fortbildungen für den Bundesverband junger Autoren und Autorinnen e.V. als Vorstandsmitglied für Seminare seit 2017, inzwischen bin ich Stellvertrende Vorstandssprecherin und vertrete den BVjA unter anderem im Netzwerk Autorenrechte. In dieser Aufgabe organisierte ich auch die Seminare für die Mörderischen Schwestern, bei denen ich seit 2020 Ansprechpartnerin für die Fortbildungen bin, und auch für das Syndikat – die Vereinigung deutschsprachiger Kriminallitertur, für den ich die Regiogruppe Stuttgart leite. Auch bei den DELIA (der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautorinnen und -autoren bin ich Mitglied und war auch in der Jury für den besten Jugendroman 2023 tätig. Und nachdem Green Lies mein erstes selbstveröffentlichter Roman ist, bin ich inzwischen auch im Selfpublisher-Verband Mitglied.
Demnächst wird es auch sonst noch einige Neuigkeiten geben, doch das ist eine Geschichte, die ich erst später erzählen werde …
Und ich lasse mich weiterhin überraschen, was das Leben noch für mich bringen wird!
Mehr über mich könnt bei SWR in der Sendung “Kaffee oder Tee” erfahren, wo ich am 28. September 2015 als Gast eingeladen war.
Oder auch bei einem Besuch bei Astro-TV seht ihr ein bisschen mehr …
(1) Autorin und Weltumseglerin Ute Bareiss in der Sendung “Leichter Leben – Zeit für mich” – YouTube
Wow! Was für eine Autorenvita, prallvoll mit Leben und exotischen Schauplätzen. Sehr sympathisch! Ich schaue gerne wieder vorbei.
Schöne Grüße
Katharina